Hallo,
schön dass so viele gute Informationen zusammengekommen sind. Seit gut drei Jahren hab ich einen Schwarm von 12 Tieren. Viel weniger sollten es auch nicht sein, da sie die Bezeichnung Schwarmfisch im Gegensatz zu vielen anderen Salmlern auch tatsächlich verdienen. Viele der geschilderten Erfahrungen kann ich in ähnlicher Form bestätigen, anderes weicht leicht ab - deshalb ein paar Ergänzungen.
Schreckhaftigkeit: Mir ist vor allem aufgefallen, dass sie recht lange brauchen, um sich an eine neue Umgebung zu gewöhnen. Ich hatte die Salmler zuvor getrennt aufgezogen und so waren sie in verschiedenen Becken, bevor sie ausgewachsen in ein 700, dann in ein 1000l-Becken gesetzt wurden, wo sie noch immer schwimmen. Beim letzten Umsetzen hat es sicherlich 3-4 Wochen gedauert, bevor sich die erneut einsetzende Übernervösität wieder einigermaßen gelegt hatte. Auch ich kann bestätigen, dass die....
Einrichtung entscheidend ist, dass das überhaupt passiert. Auch Saschas Erfahrung, dass es die Art nicht zu hell mag, kann ich nur bestätigen. Vor allem mögen sie einen hellen, reflektierenden Boden, wie etwa Quarzkies, überhaupt nicht. Dann kleben sie praktisch an der Beckenstruktur, suchen ständig gezielt Schatten und Standplätze unmittelbar über dunklere Einrichtungsgegenstände auf. Auch bleiben sie dann sehr bodengebunden, was schade ist, da die volle Schönheit der Tiere und die Wirkung der satt-roten Afterflosse nur im Mittelwasser zur Geltung kommt. Als ein sehr zuverlässiges Mittel, um sie aus dem Bodenbereich in den mittleren Bereich zu bewegen, hat sich ein Teppich Muschelblumen erwiesen, unter deren Schutz sie sich gerne aufhalten. Mein Becken ist mit einem dunklen Schieferstein und gemischten, insgesamt eher gedeckten Kies dekoriert. So stört sie eine normale Beleuchtung auch nicht mehr,ich habe etwa 280 Watt HQI über den Becken hängen und sie meiden die hellen Bereiche nicht mehr. Mittlerweile halten sie sich praktisch ausschließlich in dem Drittel des Aquariums auf, das am wenigsten Struktur und den meisten freien Schwimmraum bietet, auch wenn die Strömung oder periodische Ausdünnung mal wieder dazu führen, dass an dieser Stelle keine Schwimmpflanzen für Schatten sorgen. Dort stehen sie locker und immer im Verband im Becken, ohne sehr schwimmfreudig zu sein. Auch werden die Bereiche, in denen Vallisnerien zu einem Dickicht gewuchert sind, komplett gemieden. Sie sind immernoch etwas schreckhafter als der "Durchschnittssalmler", aber völlig unproblematisch. Nur in den ersten Minuten nach dem Ausschalten der Beleuchtung reagieren sie noch immer schnell panisch. Ich hab übrigens nie auch nur ein Tier beim Anknabbern von Pflanzen erwischt.
Auch die Vergesellschaftung kann helfen, die Scheu zu nehmen. Als ideal hatte sich Markiana nigripinnis erwiesen, die wesentlich schwimmfreudiger, weit weniger zurückhaltend und agiler sind und im Becken immer auch das letzte bisschen Schwimmraum auskosten. Diesen Tieren haben sich die Tetragonopterus gerne hin und wieder angeschlossen, um dann mit ihnen - oft als lange Kette - in der gesamten Wassersäule ihre Runden zu drehen. Sie teilen sich auch in der Natur oft den Lebensraum und fühlen sich gemeinsam wohl. Leide sind die Markiana was Pflanzen angeht viel problematischer, weshalb sie nicht mehr im selben Becken schwimmen - leider. Ansonsten halte ich die Tetragonopterus als ideale Beifische für ruhige Arten, die hektische Umherschwimmer nicht schätzen, wie etwa Gymnogeophagus balzanii. Verfressener als andere Salmler erlebe ich sie übrigens nicht. Wenn die Tiere aus der Exportprozedur kommen, haben sie oft über Wochen und Monate wenig bis kaum gefressen. Vor allem wenn sie dazu noch im Wachstum sind, sind sie, wie viele andere Arten auch, nach der Eingewöhnung erstmal extrem verfressen. Das reduzierte sich nach ein paar Monaten aber auf ein recht normales Maß. Sie sollen übrigens recht langlebig sein, in einem Forum hat mal jemand berichtet, ich glaub er hatte seinen Schwarm etwa 15 Jahre... Mit wirklich kleinen, schlanken Fischen a la Aphyocharax hab ich sie nie gehalten, jedoch würde mich dass sehr reizen. Allerdings brauchen die größeren Weibchen keine Sekunde, um einen entsprechend großen Stint im ganzen runterzuschlingen, die sie bei der Fütterung den Raubwelsen im Becken schon mal abluchsen. Da kommen dann schon Bedenken.
Meine haben im letzten Jahr regelmäßig getrieben und haben, so vermute ich, auch gelaicht. Jungfische hab ich nie gesehen, aber sie hätten auch keine Chance gehabt...
Die Tiere haben sich als robust erwiesen, Probleme hatte ich nie, egal ob im Winter bei 14/15° oder bei 28° im Sommer. Allerdings sind die großen, stark exponierten Augen einer gewissen Verletzungsgefahr ausgesetzt. Gerade beim Zwischenhältern etwa beim Umsetzen verletzen sie sich die Hornhaut leicht, was zu dauerhaften Schäden führt, wenn sie etwa in einem Runden Eimer unmittelbar an der Wand entlangschwimmen. Ich hab einmal den Fehler gemacht, sie aus einem solchen Eimer mit dem Kescher rausfangen zu wollen, wodurch sich in der Panik einige Tiere dauerhafte Schürfspuren auf einem Auge zugezogen haben. Deshalb auch immer in Tüten transportieren!
Grüße
Sven