Ansäuerung des Wassers mittels Salzsäure

  • Moin,

    wie die Säure selbst, so reizt auch dieses Thema immer wieder die Gemüter.
    Der eine hat schlicht Angst vor Säure und kompensiert seine fehlenden Kenntnisse und Erfahrungen der Anwendung mit unsubstantierter Verteufelung der Anwendung im aquaristischen Bereich.
    Der nächste versucht immerhin eine semiwissenschaftliche Begründung einer Ablehnung damit hinzubekommen, dass er behauptet, die Anwendung von Mineralsäuren hätte zur Folge, dass das natürliche Puffersystem CO² - KH zerstört werde.
    In natürlichen Gewässern würden solche Stoffe auch nicht in diesen Mengen vorkommen.

    Diese Meinung vertritt auch Hanns-J. Krause in ,Handbuch Aquarienwasser, S. 78 (leider hat noch keiner hier einen thread aufgemacht, indem nach dem wichtigsten Aquarienbuch gefragt wird, dieses Buch würde für mich an erster Stelle stehen)

    Allerdings kann ich, möglicherweise mangels Wissen, Herrn Krause und anderen hier nicht ganz folgen:

    Insbesondere, wenn das natürliche Puffersystem oder noch besser das natürliche Ionenverhältnis bemüht wird, habe ich meine Zweifel, ob das jedenfalls dann noch zutrifft, wenn man das Wasser für das Aquarium aus dem öffenlichen Wassernetz entnimmt.

    In Bremen haben wir Trinkwasser, das für aquaristische Zwecke schon recht brauchbar ist. Mein Becken steht im Versorgungsbereich Bremen Stadt.

    Alles schön und gut, wenn da nicht dieser schon extreme PH Wert wäre (8,12).

    Wie man den Mitteilungen der SWB in dem Link entnehmen kann, wird dort , wie praktisch in allen anderen Gemeinden und Komunen auch, der PH-Wert "eingestellt" durch die Verwendung von Natronlauge oder Kalkwasser. Im Ergebnis heißt das natürlich, dass der PH Wert massiv angehoben wurde um das Rohrsystem vor agressivem sauren Wasser zu schützen.

    Hier ist eigentlich mein Ansatz:
    Wenn das urspünglich natürliche Wasser schon durch den massiven Einsatz von Natronlauge und / oder Kalkwasser stark verändert wurde, dann ist hierin doch wohl schon der maßgebliche Eingriff in die natürliche Zusammensetzung zu sehen und nicht erst durch eine nachfolgend mit Mineralsäure wiederum durchgeführte Ansäuerung.

    Ich könnte mir eher vorstellen, dass die nachfolgende Ansäuerung mit Säure eher wieder zu einer Annäherung der natürlichen Wasserwerte führen könnte, während das Trinkwasser mit den geschilderten Werten eher nicht den natürlichen Mengenverhältnissen entspi
    Liege ich da falsch oder richtig.

    Anmerkung 1: ich (und auch viele andere , als Beispiel für viele : Olaf Deters) verwende verdünnte Salzschäure bei jedem WW um den PH Wert auf rund 7 zu senken. Wird von allen Fischen sehr gut vertragen. Viele haben erst so richtig an Farbe gewonnen.

    Anmerkung 2: Mir ist das Thema zu wichtig, als es in unendlichen Beiträgen von denjenigen zerreden zu lassen, die zu allen Themen die passende Meinung haben (oder dies meinen).

    Ich würde mir wünschen, dieses Thema mit nur mit wasserchemisch sehr interessieren Usern oder sogar mit Chemikern zu diskutieren.

    Einmal editiert, zuletzt von h-mn (11. Juni 2011 um 14:06)

  • hallo,

    ich kenne mich damit zwar nicht aus finde es aber super wie du das erklärt hast.
    wenn fische und pflanzen nachweislich keine schäden erhalten warum dann nicht auch salzsäure einsetzen um den ph zu senken.
    warum viele was dagegen haben weiss ich nicht, ich selber würde mich aber mangels erfahrung nicht ran trauen.

    Mit freundlichen Grüßen Patrick

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  • Moin,

    hallo,

    ich kenne mich damit zwar nicht aus finde es aber super wie du das erklärt hast.
    wenn fische und pflanzen nachweislich keine schäden erhalten warum dann nicht auch salzsäure einsetzen um den ph zu senken.
    warum viele was dagegen haben weiss ich nicht, ich selber würde mich aber mangels erfahrung nicht ran trauen.


    die Frage ist aber, ob meine Theorie stimmt.

    Für einen Chemiker eine leichte Fragestellung.

  • Hallo Axel,

    auch ich bin kein Chemiker, ich kann Dir nur sagen, dass in der Diskusszene immer wieder mit Schwefelsäure gearbeitet hat. Diese wird dazu hergenommen, dass man die Karbonathärte aufspaltet. Man kann so die komplette Karbonathärte aus dem Wasser bekommen, was dann zu einen pH Sturz führen würde. Daher macht man dies vorsichtig, in dem man auch den pH Wert auf 6-6,5 drückt. Ich kann da leider noch nicht das genaue Mischverhältnis sagen. Ich werde es aber demnächst auch mit dieser Methode probieren, da meine Guianacara doch etwas empfindlicher als meine anderen Cichliden auf hartes Wasser reagieren. (zumindest vermute ich dies). Da ich auch kein Freund von langer Diskussion bin, werde ich genaueres auch erst dann vorstellen, wenn ich es selber probiert habe. Ich werde, damit die Säure auch nicht mehr ganz so aggressive ist, sie auch auf 5% verdünnen und dann allmählich Wasser damit aufbereiten, was ich dann später zum Wasserwechseln her nehme.

    Zur Salzsäure kann ich auch nur sagen, dass ich in Zoogeschäften gearbeitet habe, die Salzsäure regelmäßig eingesetzt haben. Salzsäure ist nicht giftig, daher sehe ich auch keinen Grund, warum man sie nicht einsetzen kann. Das einzige, was ich nicht weiß wie stabil diese Säuren sind. Dies war einer der Gründe, die man mir genannt hat, dass man besser Schwefelsäure nimmt.

  • Hallo Thommy,


    Zitat

    Das einzige, was ich nicht weiß wie stabil diese Säuren sind.


    Was meinst Du damit genau?

    Wenn ich eine 3 % prozentige Salzsäure auf Flaschen gezogen habe, wie soll diese dann zerfallen?

  • Hi,


    …wie gesagt bin kein Chemiker…ich habe lange Zeit mit Essigsäure gearbeitet und da war das Problem, dass die Säure mit der Zeit rausgeht. Verdunstet? …keine Ahnung. Man hat es mir auch nur gesagt Erklärung habe ich nicht und ob es stimmt keine Ahnung. Daher wäre auch für mich ein Chemiker hier interessant.

    Ich versuche mal was genaueres raus zu bekommen.

  • Hallo

    Wie in dem Artikel schön versteckt erklärt, man erhöht mit Säuregaben den Leitwert und den pH,was ja logisch ist wenn ich was zugebe. Ich nehme an die ominösen pH minus und pH plus machen nichts anderes.

    Beim Einsatz von Schwefelsäure (Batteriesäure ist auch nichts anderes) bildet sich Gips, ob der aber aus dem Wasser ausfällt (sich als Gips am Boden absetzt) weiss ich nicht.

    Ein Grund gegen Säureeinsatz ist aber auch der Preis, ohne es nachgerechnet zu haben nehme ich an dass Osmosewasser auf die Dauer billiger kommt.

    Das Aquarienwasserbuch ist sehr zu empfehlen!

    Felix

  • Hallo,

    sehr interessantes Thema.
    Ich habe letztens meine ersten Crenicichla regani Nachzuchten erfolgreich den Eltern weggenommen und separiert.
    DIe Eier werden nur was in sehr saurem Wasser.
    Ich drücke das ganze immer mit Erlenzäpfchen und Moorkienholz.

    Mich würde mal interessieren bzw. die Rezeptur wie ihr eure Salzsäure verdünnt und wie ihr sie dann ins Aquariumwasser gibt. Sprich die Dosierung

    VLG

    Frank

    [bestand]1526[/bestand]

  • Hi,

    mir hat man auch gesagt, dass es wichtig wäre, dies nicht im besetzten Becken zu machen. In der Diskusszene wird so Zuchtwasser vorbereitet und dann hergenommen. Vielleicht spielt da ja genau diese Ausfällung eine Rolle. Ich versuche da aber wie gesagt noch etwas genaueres raus zu bekommen. Ich hab da jemand, der mir helfen kann.

  • Hallo Axel,

    wenn ich mir die Aufbereitungsmethoden deines Versorgers anschaue muss ich dir Recht geben das das Trinkwasser nicht mehr viel mit dem Ausgangswasser zu tun hat. Ich vermute mal das euer Wasser sehr weich und sauer aus dem Boden kommt.
    Über das gebrannte Dolomit bringen sie überhaupt erst ein SBV ins Wasser und mit der Natronlauge wird stabilisiert damit auf dem Weg zu deinem Wasserhahn nix anbrennt. Dazu kommt dann noch das Trinkwasser während der Aufbereitung sehr stark umgewälzt bzw. gesprudelt wird und dann nur noch sehr wenig freies CO2 enthält.

    Mit der Salzsäure machst du bis pH 7 erstmal nix anderes als die Natronlauge zu neutralisieren:

    HCl + NaOH --> H2O + NaCl

    Damit erhöhst du wegen des Kochsalz ersteinmal die GH

    Wenn du denn pH weiter drücken willst und noch HCl zugibst passiert Folgendes:

    Ca(HCO3)2 + 2HCl --> CaCl2 + 2H2O + 2CO2

    Du wandelst KH in GH um

    Wenn du Schwefelsäure verwendest ergeben sich folgende Gleichungen:

    H2SO4 + 2NaOH --> Na2SO4 + 2H2O

    H2SO4 + Ca(HCO3)2 --> CaSO4 + 2H2O + 2CO2

    CaSO4 ist wohl besser als Gips bekannt.


    Zitat

    ich habe lange Zeit mit Essigsäure gearbeitet und da war das Problem, dass die Säure mit der Zeit rausgeht. Verdunstet? …keine Ahnung

    ...Essigsäure hat einen recht niedrigen Dampfdruck und verpieselt sich aus geöffneten Behältern ziemlich zügig.

    Mit organischen Säuren würde ich eh nicht arbeiten, die Reaktionen unter Aquarienbedingungen sind u.U. schlecht berechenbar, da die mit allem Möglichen reagieren und auch noch mikrobakterielle Prozesse eine Rolle spielen können.


    Zitat

    Ein Grund gegen Säureeinsatz ist aber auch der Preis, ohne es nachgerechnet zu haben nehme ich an dass Osmosewasser auf die Dauer billiger kommt.

    ...geh erstmal im Baumarkt gucken was der Liter HCl 30% kostet ;)

    Gruß Holger

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    AKZ Nr.94

  • Hi Holger,

    dann müsste von der Logik her Schwefelsäure besser geeignet sein, da auch die KH rausgenommen wird und somit auch die GH um die Anteile der KH sinkt,...stimmt das oder habe ich da einen Denkfehler?

    Somit müsste man dann echtes Weichwasser bekommen, aber wirklich nur mit einer separaten Aufbereitung und nicht im laufendem Becken, oder?

    Gibt es eine Formel wie man das berechnen kann, d.h. z.B. 100Liter Wasser braucht soviel ml 5%iger Schwefelsäure, damit man von z.B. KH 13 auf KH4-5 kommt?

  • Hi,

    Gibt es eine Formel wie man das berechnen kann, d.h. z.B. 100Liter Wasser braucht soviel ml 5%iger Schwefelsäure, damit man von z.B. KH 13 auf KH4-5 kommt?

    ..alles lässt sich berechnen, in der Chemie sowieso ;)

    Ich versuchs mal auf die Kette zu bringen, sollte eigentlich ganz simpel sein:

    1°dH (KH) ist definiert als 0,1783 mmol/l CaCO3

    13 KH hast du, 9 davon sollen verschwinden also: 9 x 0,1783 mmol/l CaCO3 = 1,6047 mmol/l CaCO3

    Da es um 100l geht x 100 : 1,6047mmol/l x 100l = 160,47 mmol CaCO3

    Der Einfachheit halber rechnen wir mit mol weiter: 160,47 mmol / 1000 = 0,16047 mol CaCO3

    1 mol CaCO3 entspricht einer Masse von ~ 100g CaCO3 d.h.:
    100g/mol x 0,16047 mol CaCO3 = 16,047 g CaCO3

    Einfach ausdrückt, eine KH von 9 in 100l Wasser bedeutet 16,047 g gelöstes CaCO3

    Weiter gehts:

    Um ein mol CaCO3 in CaSO4 zu überführen brauchen wir ein mol H2SO4

    Ein mol H2SO4 hat eine molare Masse von 98 g/mol

    Wir haben 0,16047 mol CaCO3 also benötigen wir auch 0,16047 mol H2SO4
    0,16047 mol H2SO4 x 98 g/mol = 15,726 g H2SO4

    H2SO4 hat eine Dichte von ~ 1,84 g/cm³
    5% von 1000 ml sind 50 ml, 50 ml x 1,84 g/ml = 92g H2SO4 in 1000 ml 5% H2SO4

    Wir benötigen 15,73 g H2SO4 die in 171 ml H2SO4 5% enthalten ist (15,73 / 0,092 = 171)

    Zusammengefasst:

    Um eine KH von 9 in 100l Wasser in CaSO4 umzuwandeln benötigt man 171 ml H2SO4 5%

    Alles klar? Fragen? Keine? Sehr gut, setzen :D

    Selbstverständlich übernehme ich dafür keine Gewähr und auch keine sonstigen Handfeuerwaffen ;) , ist schon ne Zeit her das ich sowas rechnen musste und ich bin mir selbst nicht sicher ob ich da keine *zensiertes Wort* :cursing: oder Denkfehler drin habe. Wahrscheinlich hab ih auch viel zu kompliziert gerchnet und es geht irgendwie einfacher.
    Falls Jemand Fehler findet lass ich mich gerne verbessern.

    Ausserdem ist das absolut theoretisch, ich gehe davon aus das in der Praxis andere vorhandene Härtebildner dieser Rechnung ins Handwerk pfuschen.
    Aber ich denke das man so zumindest grob überschlagen kann was man mindestens braucht anstatt ewig zu dröppeln und zu messen

    Gruß Holger

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    AKZ Nr.94

  • stöhn, das mol hab ich nie richtig begriffen.... :pinch:


    Moin, das liegt daran, dass es logische Mathematik ist. Mir geht das genause.

    Die Lösung ohne eigenes Verstehen wäre aber die eigenen Werte einfach an der richtigen Stelle einzusetzen